Wie sich ein Raum verändert –
und zugleich ganz selbstverständlich wird
Wenn ich zum ersten Mal einen Raum betrete, höre ich zu. Nicht nur den Menschen, die darin wohnen, sondern auch dem Raum selbst. Er erzählt von vergangenen Entscheidungen, von dem, was funktioniert – und dem, was im Weg steht.
In diesem Fall war es eine großzügige Wohnung in einem Haus, entworfen von Hadi Teherani, bewohnt von einem Ehepaar, das ich seit über 35 Jahren in Fragen der Innenraumgestaltung begleite. Zwei Menschen mit klarem Blick, viel Vertrauen – und dem Wunsch nach Veränderung. Die alte Küche wirkte schwer, dunkel, in die Jahre gekommen. Ihre Platzierung nahm dem Raum Luft, der Alltag wurde um die Küche herum organisiert, nicht mit ihr gemeinsam. Es war Zeit für einen Neuanfang.
Interior Design, das Haltung zeigt
Die Aufgabe lautete: Die Küche neu denken – in Funktion, Materialität und Raumwirkung. Ziel war eine ruhige, selbstverständliche Gestaltung, die sich in die bestehende Architektur einfügt. Kein visuelles Statement, das um Aufmerksamkeit ringt, sondern ein stimmiges Ganzes.
Besonders wichtig war mir, die Architektur und die ursprüngliche Raumstruktur zu respektieren und den Bewohnern gleichzeitig neue Abläufe zu ermöglichen. Der Zugang zum Hauswirtschaftsraum wurde in den Flur verlegt – eine kleine Änderung mit großer Wirkung: Der Küchenraum gewann an Klarheit, Symmetrie und Nutzbarkeit.
Planung in Tiefe, Umsetzung mit Feingefühl
Wie bei allen Projekten begann auch hier alles mit einer sehr präzisen Bestandserhebung – millimetergenau, mit direktem Bezug zu Materialität und Lichtführung. Ich nehme mir bei solchen Aufmaßen Zeit, weil ich beim Gehen und Messen bereits beginne, das Konzept im Raum zu verankern.
Die technische Umsetzung war alles andere als trivial: Die Spannbetondecke durfte nicht angebohrt werden. Also entwickelten wir gemeinsam mit meinem Team eine Lösung, bei der neue Leuchten integriert werden konnten, ohne die Struktur zu verletzen. Auch alle Leitungen – Wasser, Elektrik, Beleuchtung – wurden zurückgebaut und neu geführt. Die Logistik des Umbaus war minutiös geplant: Von der Bodenschutzverlegung bis zur Anlieferung der gebogenen Glasfronten für die Vitrine.
Eine Küche, die nicht inszeniert – sondern Wohnwert schafft
Was hier entstanden ist, ist kein Designobjekt – sondern ein Raum, der seinen Bewohnern dient. Die Einbauten greifen die Rundungen des Hauses auf, die Oberflächen spielen zurückhaltend mit dem Licht. Der Mittelblock steht bewusst in Beziehung zum Tageslicht. Die Spülmaschine verschwindet dezent hinter einer Möbelfront – und lässt sich dennoch aufrecht und rückenschonend bedienen.
Die größte Auszeichnung ist für mich, wenn ein Raum so wirkt, als hätte er nie anders gedacht werden können – wenn die Menschen, die hier wohnen, ihn ganz selbstverständlich in ihren Alltag integrieren. Genau das ist hier gelungen: kein Effekt, kein Spektakel – sondern Stimmigkeit und Nutzwert, die langfristig tragen.